Konflikte gehören zum Alltag – auch bei Kindern. Unterschiedliche Meinungen, Bedürfnisse oder Missverständnisse führen schnell zu Streit. Doch Konflikte sind nicht nur Störungen, sondern auch Chancen für Entwicklung. Dieses Kapitel zeigt, wie Kinder lernen können, Auseinandersetzungen besser zu verstehen, fair miteinander zu streiten und gemeinsam Lösungen zu finden. Die Methoden helfen, Ursachen zu erkennen, Bedürfnisse zu benennen, Kompromisse zu schließen und Versöhnung zu ermöglichen. Dabei geht es nicht darum, Streit zu vermeiden, sondern ihn bewusster und respektvoll zu gestalten. Die Übungen machen deutlich: Wer zuhört, mitdenkt und sich in andere hineinversetzt, kann Konflikte nicht nur überstehen – sondern daran wachsen.
Streit-Detektive
Die Streit-Detektive begeben sich auf Spurensuche. In kleinen Gruppen analysieren die Kinder erfundene oder reale Streitfälle, die ihnen von der Spielleitung als kurze Geschichte erzählt werden: Was genau ist passiert? Wer hat was gesagt oder getan? Welche Gefühle waren im Spiel? Die Kinder rekonstruieren den Streit aus verschiedenen Perspektiven und versuchen, die Auslöser zu erkennen. Durch diese Detektivarbeit wird deutlich, dass Konflikte oft aus Kleinigkeiten entstehen – und dass es sich lohnt, genau hinzuschauen. Die Übung fördert die Reflexion und hilft, Konflikte differenziert zu betrachten.
Mein Standpunkt
Bei dieser Methode steht das Sichtbarmachen unterschiedlicher Meinungen im Vordergrund. Die Spielleitung stellt eine Aussage in den Raum, z. B.: „In einem Streit sollte man sich sofort entschuldigen.“ Die Kinder positionieren sich im Raum: ganz vorne bedeutet volle Zustimmung, ganz hinten völlige Ablehnung. Danach dürfen sie ihre Position begründen. Auch im Verlauf dürfen sie ihren Platz ändern, wenn neue Gedanken entstehen. So wird deutlich, wie vielfältig Meinungen sein können – und dass es legitim ist, den eigenen Standpunkt zu vertreten, ohne andere zu entwerten.
Ich-Botschaften-Staffel
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Missverständnisse entstehen oft durch unklare oder verletzende Sprache. In dieser Übung trainieren die Kinder, eigene Bedürfnisse und Gefühle klar auszudrücken – mithilfe der Ich-Botschaft. Eine Aussage wie „Du nervst immer!“ wird gemeinsam umformuliert in: „Ich fühle mich überfordert, wenn du so laut bist.“ Die Kinder geben umgewandelte Aussagen als Staffel weiter, wobei jede*r eine Aussage erhält, sie umformuliert und an die nächste Person weitergibt. So entsteht ein sprachliches Training, das spielerisch vermittelt: Wer in Ich-Form spricht, bleibt bei sich – und öffnet Türen statt Mauern zu bauen.
Knoten lösen
Ein Seil liegt verknotet auf dem Boden – und die Kinder stehen vor der Aufgabe, es gemeinsam zu entwirren. Doch das Spiel ist mehr als eine motorische Herausforderung: Während die Kinder miteinander sprechen, Ideen ausprobieren und auch scheitern, erleben sie unmittelbar, wie sich Zusammenarbeit anfühlt – und wo es knirscht. Im Gespräch danach geht es darum, wie Entscheidungen getroffen wurden, wer gehört wurde, und was half, weiterzukommen. Die Übung symbolisiert: Auch in Konflikten gibt es Knoten – aber man kann sie gemeinsam lösen.
Streit oder Spaß?
Nicht jede laute Situation ist ein echter Konflikt – manchmal ist es nur ein Missverständnis oder harmlose Aufregung. In dieser Methode hören oder spielen die Kinder verschiedene Alltagsszenen nach: Zwei streiten um einen Ball, jemand ruft laut, ein anderes Kind lacht. Die Gruppe entscheidet gemeinsam: Ist das Streit? Spaß? Oder vielleicht beides? Dabei wird diskutiert, was echte Grenzüberschreitungen sind – und wann es sich nur wie ein Streit anfühlt. Die Methode schärft das Gespür für Konfliktdynamiken und hilft, angemessener zu reagieren.
Kompromissspiel
In dieser Übung lernen die Kinder, gemeinsam Lösungen zu finden, bei denen niemand leer ausgeht. In Kleingruppen erhalten sie begrenzte Ressourcen – z. B. zehn Bausteine, die auf vier Personen verteilt werden sollen, damit alle damit „bauen“ können. Es gibt keine Vorgabe, wie sie sich einigen – die Kinder müssen selbst verhandeln. Im Anschluss wird reflektiert: Was war einfach, was schwierig? Gab es Ideen, wie alle zufrieden sein konnten? Die Übung zeigt, dass ein Kompromiss nicht bedeutet, zu verlieren – sondern gemeinsam zu gewinnen.
Was wäre wenn…
„Was wäre wenn…“ ist ein Kreativspiel, in dem die Kinder verschiedene Konfliktlösestrategien sammeln. Sie erhalten einen Ausgangspunkt: „Zwei streiten sich um einen Platz.“ Nun überlegen sie, welche Lösungswege es geben könnte. Es dürfen auch verrückte, kreative oder humorvolle Ideen sein – Hauptsache, sie helfen. Die Vorschläge werden gesammelt, aufgeschrieben oder gespielt. Danach wird diskutiert, welche Ideen realistisch sind und welche besonders fair oder hilfreich wirken. Die Methode regt zum Perspektivwechsel an und zeigt: Es gibt immer mehr als nur eine Lösung.
Teamaufgabe mit Haken
In dieser Methode bekommen die Kinder eine Gruppenaufgabe – z. B. einen Turm zu bauen oder ein Puzzle zu lösen. Doch es gibt einen Haken: Ein Teil der Gruppe hat eine zusätzliche Regel, die sie einhalten muss, etwa nicht sprechen oder eine Hand auf dem Rücken lassen. Diese kleine Störung kann zu Frust oder Missverständnissen führen – ein guter Anlass, um anschließend über den Umgang mit Konflikten zu sprechen. Wie ist die Gruppe damit umgegangen? Wurden alle gehört? Konnte man sich trotzdem verständigen? Die Übung zeigt: Konflikte gehören zum Zusammenarbeiten – aber sie lassen sich gemeinsam bewältigen.
Friedenssymbol
Versöhnung braucht Raum und Ausdruck. In dieser Übung gestalten die Kinder gemeinsam ein Symbol des Friedens – etwa ein Bild, ein Mandala, ein Wortplakat oder eine kleine Collage. Dabei entscheiden sie zusammen, was Frieden für sie bedeutet: Einander zuhören? Streit klären? Sich verzeihen? Die kreative Umsetzung fördert Gespräche über das, was helfen kann, wieder zueinander zu finden – und macht sichtbar, dass Friedensarbeit eine Gruppenaufgabe ist. Das Symbol kann später im Gruppenraum aufgehängt werden – als Erinnerung an das gemeinsame Ziel.
Stopp – Denk – Rede
Manchmal sagen Kinder Dinge, die sie später bereuen – aus Ärger, Wut oder Impuls. „Stopp – Denk – Rede“ ist eine einfache Strategie, um Konfliktsituationen bewusster zu gestalten. Die Kinder lernen: Wenn ich merke, dass ich wütend bin, halte ich innerlich kurz inne (Stopp), überlege, was ich eigentlich brauche (Denk), und sage es dann ruhig und klar (Rede). Diese Schritte werden in kurzen Rollenspielen eingeübt. Die Methode hilft Kindern, eigene Gefühle zu regulieren und Konflikte nicht zu eskalieren, sondern in die Hand zu nehmen – mit Kopf und Herz.

