Jugendarbeit zwischen Idealismus und Realität – Ein Stimmungsbild aus der Praxis

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Jugendarbeit lebt von Menschen, die sich mit Herzblut, Zeit und Kreativität für Kinder und Jugendliche engagieren. Die Rückmeldungen aus der Umfrage, die ich gemeinsam mit dem Podcast “Berufsjugendlich” im September unter Jugendleiter*innen durchgeführt habe, zeigen eindrucksvoll, wie vielfältig und anspruchsvoll dieses Engagement ist – und wo die Herausforderungen liegen. Zwischen Begeisterung und Erschöpfung, Idealismus und Systemkritik wird deutlich: Die Jugendarbeit steht vor großen Aufgaben – und braucht starke Strukturen, um weiter lebendig zu bleiben.

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Themen, die bewegen: Von Kinderschutz bis mentale Gesundheit

Auf die Frage, zu welchen Themen sich Jugendleiter*innen mehr Austausch oder Weiterbildung wünschen, ergibt sich ein klares Bild:

Mentale Gesundheit – sowohl der Teilnehmenden als auch der Leitungspersonen – steht ganz oben. Viele spüren die Folgen von Dauerstress, Überforderung und gesellschaftlichen Krisen. Sie wünschen sich Strategien, um Kinder und Jugendliche emotional zu stärken und gleichzeitig auf sich selbst zu achten.

Ebenfalls häufig genannt wurden Themen wie Kinderschutz und PräventionUmgang mit schwierigen SituationenMobbing sowie Resilienz und Persönlichkeitsentwicklung.
Dazu kommen die großen Fragen unserer Zeit: Demokratiebildung, politische Bildung, Digitalisierung und der Umgang mit gesellschaftlichen Spannungen – von Rassismus bis Zukunftsängsten.
Viele Jugendleiter*innen wünschen sich, diese komplexen Themen besser aufzugreifen und in Gruppenstunden sinnvoll zu vermitteln.

Was fehlt, um Jugendarbeit langfristig zu sichern

Wenn es um die eigenen Rahmenbedingungen geht, dominiert ein Thema: Zeit und Geld.
Ehrenamtliche und Hauptamtliche berichten übereinstimmend, dass sie an Grenzen stoßen – zeitlich, finanziell und personell.
Fehlen tun vor allem:

  • Mehr Unterstützung im Team,
  • bessere Finanzierung und Planungssicherheit,
  • verlässliche politische Rahmenbedingungen,
  • Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit, auch in Form von Rentenpunkten oder Freistellungsmöglichkeiten.

Einige wünschen sich strukturelle Verbesserungen wie Supervision, Qualitätsstandards oder mehr hauptamtliche Unterstützung. Andere betonen den Wert von Motivation und Zusammenhalt: Mehr Wertschätzung durch Leitungen, offene Kommunikation und transparente Entscheidungen würden helfen, langfristig engagiert zu bleiben.

Partizipation ernst nehmen – Kinder und Jugendliche wollen mitreden

Beim Thema Beteiligung zeigen die Antworten ein differenziertes Bild.
Viele Jugendleiter*innen betonen: Kinder und Jugendliche müssen ernst genommen werden. Es reicht nicht, sie symbolisch zu beteiligen. Echte Mitbestimmung beginnt mit Zuhören – und dem Mut, Macht zu teilen.

Gewünscht wird eine niedrigschwellige Beteiligung: Möglichkeiten, sich im eigenen Umfeld einzubringen, statt in komplizierten Gremienstrukturen. Erfolgreiche Beispiele wie JugendparlamenteRoverboards oder Umfragen im Verein zeigen, dass Partizipation funktioniert, wenn sie erlebbar und relevant ist. Gleichzeitig braucht es Aufklärung über Mitbestimmungsrechteattraktive Formate und Unterstützung durch Erwachsene, die Beteiligung wirklich wollen – nicht nur organisieren.

Zwischen Motivation und Erschöpfung – Ein ehrlicher Blick auf die eigene Rolle

Viele Jugendleiter*innen blicken mit Stolz und Dankbarkeit auf ihr Engagement. Sie beschreiben die Jugendarbeit als prägende Lebenserfahrung, als Ort des Wachstums, der Gemeinschaft und der Freude. Doch die Umfrage zeigt auch die Schattenseiten: ErschöpfungÜberlastung und das Gefühl, zu wenig Unterstützung zu bekommen.

„Leiterburnout“ wurde mehrfach erwähnt – ebenso wie der Wunsch nach Mutmachmomenten, AustauschFortbildungen und einfach einem ehrlichen „Danke“. Viele fühlen sich von der Politik oder ihren Trägern zu wenig wahrgenommen. Der Ruf nach mehr öffentlicher Wertschätzung ist deutlich – nicht nur in Form von Lob, sondern auch durch mehr Sichtbarkeit in Medien und Politik.

Wünsche an die Zukunft der Jugendarbeit

Aus den Antworten spricht eine große Leidenschaft für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – aber auch die Sorge, dass Rahmenbedingungen diese Leidenschaft zunehmend bremsen.
Jugendleiter*innen wünschen sich:

  • Mehr Austausch und Vernetzung,
  • politische und gesellschaftliche Anerkennung,
  • finanzielle und zeitliche Entlastung,
  • Fortbildungsmöglichkeiten zu pädagogischen und psychologischen Themen,
  • mehr Unterstützung bei der Nachwuchsgewinnung.

Und immer wieder klingt der Wunsch durch, Jugendarbeit sichtbarer zu machen – in Politik, Gesellschaft und Medien. Denn: Ohne diese Arbeit wären viele junge Menschen heute nicht die, die sie sind.

Die Umfrage zeigt: Jugendarbeit ist weit mehr als Freizeitgestaltung. Sie ist Beziehungsarbeit, Bildungsarbeit, Demokratiearbeit – und ein Fundament für gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Damit sie das bleiben kann, braucht es mehr als gute Ideen: verlässliche Strukturen, Anerkennung und Räume für echte Beteiligung. Die Stimmen aus der Praxis sind ein Appell – an Träger, Politik und Gesellschaft – die Jugendarbeit endlich so ernst zu nehmen, wie sie es verdient.

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Autor*in

Daniel
Daniel
Hallo, schön, dass du hier vorbeischaust. Ich bin der Kopf hinter dem Jugendleiter-Blog und bin seit über 10 Jahren in der Jugendarbeit aktiv, habe viele Jahre einen Verband geleitet und blogge hier über meine Erfahrungen aus mehr als 100 Freizeittagen und 200 Gruppenstunden. Meine besten Spiele und Ideen sind als Bücher erschienen.

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