Dieter war voll und ganz davon überzeugt, dass er morgen, wenn er seinen ersten Arbeitstag im neuen Unternehmen hatte, einen blendenden Job abliefern würde. Immerhin hatte er eine exzellente Ausbildung genossen, er war eloquent und hatte hervorragende Führungsqualitäten. Warum ihm sein vorheriger Chef gekündigt hatte? Das war Dieter nach wie vor völlig unklar. Die Vorhaltungen seines ehemaligen Vorgesetzten und der Kollegen waren absolut haltlos. Das würde noch ein Nachspiel haben. Dieter hatte sich fest vorgenommen, die Anschuldigungen nicht auf sich sitzen zu lassen. Doch jetzt würde er sich erst einmal auf seine neue berufliche Herausforderung fokussieren. Wäre doch gelacht, wenn er die neuen Kollegen nicht von seiner Kompetenz überzeugen könnte.
Dieters erster Arbeitstag begann mit einer Einarbeitung durch Jürgen, der in der Firmenhierarchie ein paar Stufen über Dieter stand. Die Zusammenarbeit mit Jürgen war ausgesprochen harmonisch. Jürgen erklärte ihm geduldig die Abläufe und machte ihn auf wichtige Dinge aufmerksam, die für Dieters Joballtag künftig von Relevanz sein würden. Zwischendurch kam jedoch Jürgens Sekretärin ins Büro, die ihn daran erinnerte, ein Schreiben für einen Premiumkunden aufzusetzen. Jürgen machte sich an die Arbeit.
Dieter verstand nicht, warum sich Jürgen ihm gegenüber so verhielt. Jürgen war doch sein Vorgesetzter. Warum gab er ihm nicht irgendwelche Anweisungen? Statt dessen band er ihn freundlich und wertschätzend in seine Arbeit mit ein. So auch jetzt wieder: Jürgen bat Dieter, einen kurzen Blick auf das Anschreiben für den Kunden zu werfen, wenn er möchte. Sofern er eine Verbesserungsidee hätte – gerne her damit.
Dieter war irritiert. Aber er fühlte sich auch geschmeichelt. Diese Art, wie Jürgen ihn um sein Feedback bzw. um seine Meinung bat, fühlte sich gut an und gab ihm das Empfinden, wertgeschätzt zu werden. Genau so würde er sich fortan auch seinen Untergebenen gegenüber verhalten. Das hatte sich Dieter in diesem Moment fest vorgenommen.
Fazit:
Jemanden anderen um ein Feedback zu bitten, hat nichts mit Schwäche zu tun. Im Gegenteil. Vielmehr darf die Bitte um ein Feedback als eine Art Kompliment und als eine Form der Wertschätzung verstanden werden.