Jahresplanungs-Guide für die Jugendarbeit

🎭 Fasching & Karneval: Ausgelassenheit, Rollen, Identität

Masken, Verkleidung, gesellschaftliche Normen, Diversität spielerisch thematisieren

Wenn es eine Zeit im Jahr gibt, in der alles ein bisschen kopfsteht, dann ist es die Karnevals- bzw. Faschingszeit. Ob man es „Fastnacht“, „Fasching“ oder „Karneval“ nennt – die Phase vor der Fastenzeit ist in vielen Teilen des deutschsprachigen Raums ein fester Bestandteil der Jahreskultur. Für manche ist es „nur“ ein buntes Fest mit Kostümen und Süßigkeiten, für andere ein Ausdruck tief verwurzelter regionaler oder religiöser Traditionen. Für die Jugendarbeit bietet diese Zeit eine besondere Möglichkeit, Identität und Vielfalt mit Leichtigkeit und Tiefe zu thematisieren.


🎉 Zwischen Narrenfreiheit und sozialem Experiment

Fasching ist mehr als eine Party mit Pappnase. Historisch betrachtet erlaubt diese Zeit ein temporäres Verlassen gesellschaftlicher Regeln – ein Spiel mit der Umkehrung von Machtverhältnissen, Rollen und Konventionen. Genau darin liegt ihr pädagogisches Potenzial:
Wer bin ich – und wer darf ich sein, wenn alles möglich scheint?

Kinder und Jugendliche probieren im Fasching aus, was sonst oft streng begrenzt ist: sich zu verwandeln, in andere Rollen zu schlüpfen, Tabus aufzuweichen. Dieses Ausprobieren kann rein spielerisch geschehen – oder bewusst genutzt werden, um wichtige Fragen von Identität, Zugehörigkeit und Selbstwahrnehmung anzustoßen.


🧠 Impulse zu Rollen, Normen und Vielfalt

1. Verkleidung als Spiegel von Wunsch und Wirklichkeit:
Welche Kostüme sind beliebt – und warum? Welche Held*innen, Figuren oder Tiere stehen für Freiheit, Stärke oder Anerkennung? Gespräche über Kostümwahl können überraschend viel über Selbstbilder und Sehnsüchte offenlegen.
Fragen dazu könnten lauten:

  • Wer wärst du gern für einen Tag?
  • Welche Rolle traust du dich zu spielen – und warum (nicht)?

2. Normen hinterfragen – mit Humor:
Fasching kann auch genutzt werden, um Normen spielerisch zu brechen. Warum dürfen Jungs keine Prinzessinnen sein? Wieso ist ein Mann im Kleid noch immer ein „Gag“? Durch bewusste Anregungen können Gruppen über Geschlechterklischees, Körperbilder oder gesellschaftliche Erwartungen ins Gespräch kommen – nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit Humor und Respekt.

3. Diversität sichtbar machen:
Faschingszeit ist eine Chance, Vielfalt in der Gruppe positiv zu thematisieren. Wichtig ist dabei ein sensibler Umgang mit kultureller Aneignung und Stereotypen. Kostüme sollten nicht auf Kosten anderer Kulturen oder Gruppen gehen. Die Botschaft: „Verkleidung ist ein Spiel – aber kein Spott.“


🧩 Pädagogische Relevanz

In der Lebenswelt von Jugendlichen spielt die Frage „Wer bin ich – und wie will ich gesehen werden?“ eine zentrale Rolle. Fasching bietet eine niedrigschwellige Möglichkeit, diese Identitätsfragen zu thematisieren, ohne sie künstlich zu pädagogisieren.
Die Herausforderung für Jugendleiter*innen liegt darin, einen Raum zu schaffen, in dem Spiel und Ernst, Spaß und Sensibilität nebeneinander bestehen können.

Besonders in altersgemischten Gruppen lohnt sich eine differenzierte Betrachtung:

  • Jüngere Kinder leben das Rollenspiel oft unbewusst – hier kann Begleitung durch Fragen oder kleine Geschichten helfen.
  • Ältere Jugendliche reflektieren bewusster – hier bieten sich Methoden wie Rollentausch, Improtheater oder Symbolarbeit an.

🎭 Weiterführende Reflexionen

  • In welchen Rollen fühlen sich junge Menschen stark, frei, sicher?
  • Was ist „albern“ – und was wird gesellschaftlich abgewertet?
  • Wo hört Spaß auf – und beginnt Ausgrenzung oder Diskriminierung?

Auch der Umgang mit Nicht-Mitmachen ist wichtig: Nicht alle feiern Fasching. Sei es aus religiösen, kulturellen oder persönlichen Gründen – die Entscheidung, sich nicht zu verkleiden oder nicht teilzunehmen, sollte respektiert werden. Die Jugendarbeit ist hier gefordert, inklusive Formate zu schaffen, in denen jede*r einen Platz hat – ob bunt kostümiert oder bewusst „neutral“.

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Autor*in

Daniel
Daniel
Hallo, schön, dass du hier vorbeischaust. Ich bin der Kopf hinter dem Jugendleiter-Blog und bin seit über 10 Jahren in der Jugendarbeit aktiv, habe viele Jahre einen Verband geleitet und blogge hier über meine Erfahrungen aus mehr als 100 Freizeittagen und 200 Gruppenstunden. Meine besten Spiele und Ideen sind als Bücher erschienen.