„Wir wissen, was unsere Jugendlichen brauchen.“ – diesen Satz hört man oft in der Jugendarbeit. Und meistens ist er gut gemeint. Schließlich kennt ihr eure Gruppe, ihr habt Erfahrung, ihr wisst, was früher funktioniert hat. Doch genau hier liegt eine Gefahr: Wenn wir glauben, schon zu wissen, was Kinder und Jugendliche wollen, hören wir auf, wirklich hinzuhören.
Jugendarbeit lebt von Begegnung – und jede Begegnung ist neu. Kinder und Jugendliche verändern sich. Ihre Themen, Sorgen, Interessen und Bedürfnisse wandeln sich ständig. Was gestern noch gut ankam, ist heute vielleicht langweilig. Und was heute wichtig ist, war früher noch kein Thema.
Gute Jugendarbeit entsteht nicht aus Routine, sondern aus Neugier. Sie fragt: Was beschäftigt euch gerade? Was wünscht ihr euch? Was fehlt euch? Diese Fragen sind keine Schwäche, sondern Ausdruck echter Wertschätzung. Denn wer zuhört, nimmt ernst.
Vielleicht merkt ihr dann auch, dass es gar nicht um neue Spiele oder Programme geht, sondern um etwas Tieferes: um Zugehörigkeit, Orientierung, Sinn. Um das Gefühl, dass ihre Meinung zählt.
Jugendarbeit braucht diesen Perspektivwechsel – weg vom „Wir wissen schon“ hin zum „Wir wollen verstehen“. Das kann anstrengend sein, weil es bedeutet, eigene Ideen loszulassen, Routinen zu hinterfragen, sich irritieren zu lassen. Aber es ist die Grundlage für echte Beziehung und relevante Arbeit.
Zuhören ist kein Zusatz, sondern Haltung. Wenn wir Kinder und Jugendliche wirklich ernst nehmen, verändert sich nicht nur unser Programm – sondern auch, wie wir leiten, entscheiden und Gemeinschaft leben.
Reflexionsfragen
- Wann habt ihr das letzte Mal wirklich nachgefragt, was Kinder oder Jugendliche sich wünschen – und nicht nur vermutet, es zu wissen?
- Wie könnt ihr regelmäßig Rückmeldungen aus eurer Gruppe einholen, ohne dass es formell wirkt?
- Was würde sich verändern, wenn ihr eure Programme, Methoden oder Aktionen stärker an den aktuellen Bedürfnissen eurer Gruppe ausrichtet?

