Draußen lag Schnee. So richtig viel Schnee – so einer, der die Welt dämpft, als hätte jemand eine Decke darübergelegt. In einer kleinen Hütte am Waldrand wohnte eine Witwe mit ihren Kindern. Es war kalt, und das Feuer wollte kaum noch brennen.
Aber in der Hütte roch es trotzdem nach Geborgenheit – nach Holz, nach Tee und nach Hoffnung.
Eines Tages, mitten im Winter, fiel vor der Hütte ein großer Kiefernzapfen in den Schnee.
„Schau, Mama!“, rief das kleinste Kind. „Der Zapfen hat Wurzeln geschlagen!“
Und tatsächlich – zwischen all dem Frost reckte sich ein winziger, grüner Trieb aus dem Schnee.
„Das ist unser Weihnachtsbaum!“, riefen die Kinder begeistert, und von diesem Tag an kümmerten sie sich liebevoll um das kleine Pflänzchen. Sie gossen es mit geschmolzenem Schnee, sprachen mit ihm und erzählten ihm Geschichten vom Christkind, vom Duft der Plätzchen und vom Glanz der Kerzen.
Und obwohl die Hütte alt und das Leben schwer war, wuchs da draußen ein Stück Freude heran – langsam, aber sicher.
Doch als Weihnachten immer näher rückte, setzte sich die Mutter eines Abends an den Tisch, faltete die Hände und sagte leise: „Meine Lieben, wir haben dieses Jahr kein Geld für Schmuck oder Kerzen. Unser Bäumchen wird wohl nackt bleiben müssen.“ Die Kinder nickten tapfer, aber in ihren Augen lag Traurigkeit.
Und als sie an Heiligabend zu Bett gingen, flüsterten sie noch: „Schade, dass unser Baum so leer ist … aber vielleicht freut sich das Christkind trotzdem über ihn.“ In dieser Nacht aber, als das Feuer im Ofen längst heruntergebrannt war, wurde es lebendig in der Hütte.
Leise, ganz leise, krabbelte etwas aus den dunklen Ecken hervor. Die Spinnen, die dort ihr Zuhause hatten, hatten das Schluchzen der Kinder gehört. Und weil sie kleine, mitfühlende Wesen waren, beschlossen sie, etwas zu tun. Sie kletterten auf das kleine Bäumchen und begannen, Fäden zu spinnen – lange, feine, silbrige Fäden, wie nur Spinnen sie weben können. Sie webten und webten, die ganze Nacht hindurch, bis kein Zweig mehr leer war. Und am Ende funkelte der Baum im schwachen Mondlicht – nicht mit Schmuck, nicht mit Lametta, sondern mit purer Hingabe.
Am Morgen weckte ein Sonnenstrahl die Kinder. Sie sprangen aus dem Bett – und trauten ihren Augen kaum. „Mama, wach auf! Schau! Unser Baum!“, riefen sie durcheinander. Die Mutter stand auf, rieb sich die Augen und blieb wie angewurzelt stehen. Da stand er – ihr kleiner Baum.
Über und über bedeckt mit filigranen, schimmernden Netzen, die in der Morgensonne glitzerten.
Und dann, als die ersten Strahlen durch das Fenster fielen, geschah etwas Wundersames: Das Licht berührte die Fäden – und einer nach dem anderen verwandelte sich in Gold und Silber.
Die ganze Hütte schien zu leuchten. Die Kinder hielten den Atem an. Die Mutter legte die Hand auf ihr Herz und flüsterte: „Seht nur … das ist das schönste Geschenk, das man sich wünschen kann.“
Von diesem Tag an, so erzählt man es, fehlte der kleinen Familie nie wieder etwas.
Vielleicht, weil sie lernten, das Wunder im Kleinen zu sehen. Oder vielleicht, weil das Leben immer dann besonders gnädig ist, wenn wir es mit einem warmen Herzen betrachten.

