Du schläfst tief, als sich etwas verändert. Nicht laut, nicht grell, eher wie das Umblättern einer Buchseite. Plötzlich stehst du auf einem schmalen Weg aus schimmerndem Glas. Unter dir sind Wolken. Über dir ist ein Himmel, der sich bewegt, als würde er atmen.
An beiden Seiten des Weges ragen Uhren aus dem Boden. Riesige, silberne Zeitmesser, deren Ziffern nicht Zahlen zeigen, sondern Szenen. Du trittst näher an eine heran. Sie zeigt dich, wie du in einem Raum stehst, konzentriert, mutig, voller Ideen. Ein Zukunftsbild?
Die Stimme eines alten Mannes erklingt. Nicht bedrohlich, sondern ruhig:
“Dies ist der Weg der Spiegeluhren. Jede Uhr zeigt dir, was sein könnte, abhängig von dem, was du tust.”
Du gehst los. Die erste Uhr zeigt dich allein in einem Büro. Große Fenster, stilvolle Einrichtung, ein Erfolgsgesicht. Aber etwas fehlt. Keine Musik. Kein Lachen. Nur Stille. Du schaust länger hin und spürst: Es war dein Traum, aber nicht dein Leben.
Die nächste Uhr zeigt etwas anderes: Dich auf einer Bühne, Musik in der Luft, Menschen klatschen, du strahlst. Doch der Blick auf dein Gesicht nach dem Auftritt ist leer. Du siehst dich um, niemand ist da. Kein Freund, kein vertrautes Gesicht. Du siehst erfolgreich aus, aber innerlich verloren.
Du bleibst stehen. Zwei Bilder. Zwei Möglichkeiten. Und beide zeigen, Träume ohne Verbindung verlieren ihren Glanz.
Ein neues Uhrwerk beginnt zu ticken. Die Szene zeigt dich in einem kleinen Raum mit anderen. Ihr diskutiert, plant, baut gemeinsam etwas auf. Der Raum ist chaotisch, die Zukunft ungewiss, aber dein Blick ist wach. Neben dir: Freundschaft. Kampfgeist. Wärme.
“Zukunft ist nicht das, was glänzt”, sagt die Stimme erneut. “Sondern das, was trägt.”
Du gehst weiter. Die Uhren verändern sich. Manche zeigen Fehler. Entscheidungen aus Angst. Wege, die andere für dich gewählt haben. Du siehst dich selbst, wie du dich anpasst, obwohl dein Herz längst rebelliert. Es tut weh, hinzusehen, aber du bleibst stehen. Denn in dir wächst etwas. Ein Wunsch, deine Zukunft bewusst zu gestalten. Nicht perfekt, aber echt.
Plötzlich trittst du in eine Halle. In der Mitte steht eine große Uhr, die anders aussieht. Kein Metall, kein Glas, sondern Holz, warm und lebendig. Auf ihrem Zifferblatt sind keine Szenen. Nur ein einziger Satz:
“Die beste Zukunft beginnt dort, wo du dir selbst glaubst.”
Ein Lichtstrahl fällt auf dich. Du spürst dich selbst, nicht wie du sein sollst, sondern wie du bist. Mit deinen Ideen. Deiner Angst. Deiner Kraft. Deinem Wunsch, etwas zu bewirken.
Die Halle verschwindet langsam. Du stehst wieder auf dem Weg aus Glas. Er führt nun weiter in Richtung eines Horizonts, der sich stetig verändert. Keine fertige Vision. Kein klares Ziel. Aber, ein Gefühl. Ein Fluss. Eine Bewegung.
Die Stimme spricht ein letztes Mal:
“Du wirst Fehler machen. Und Umwege gehen. Aber wenn du deinem inneren Kompass folgst, werden deine Träume nicht zerbrechen, sondern wachsen.”
Als du aufwachst, liegt ein neuer Tag vor dir. Die Sonne scheint noch zaghaft durchs Fenster. Du denkst an deine Ziele, an all das, was du willst und an die Frage: Warum eigentlich?
Vielleicht schreibst du heute deine ersten Gedanken auf. Vielleicht redest du mit jemandem über das, was in dir wächst. Vielleicht veränderst du nichts, noch nicht. Aber du spürst: Du darfst deinen eigenen Weg finden. Und du musst nicht schon wissen, wohin er führt.
Denn manchmal beginnt Zukunft genau hier, mit dem Mut, überhaupt loszugehen.

